UL-Rollen der Oberklasse
Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man sich eine Oberklasse-Rolle gönnen möchte. Diese beginnen preislich bei etwa 300 Euro, können aber – mit zusätzlichem Tuning – schnell auch die 1000-Euro-Marke überschreiten. In diesem Artikel geht es um aktuelle Modelle von Daiwa und Shimano, die bis auf die Daiwa Presso alle „Made in Japan“ sind.
Mittlerweile werden nur noch die Premiummodelle in den japanischen Stammwerken gefertigt, während günstigere Rollen in anderen asiatischen Produktionsstätten entstehen. „Made in Japan“ kann man durchaus als Gütesiegel verstehen – nach persönlichem Eindruck ist die Qualitätskontrolle dort strenger, und Montagsmodelle kommen seltener vor. Trotzdem können auch in dieser Preisklasse Mängel auftreten, etwa ein zu hohes Getriebespiel oder auffällige Kurbelgeräusche. In solchen Fällen sollte man nicht zögern und die Rolle direkt umtauschen.
Die Rollenbautechnologie entwickelt sich eher langsam. Auch Modelle, die bereits seit einigen Jahren auf dem Markt sind, können es locker mit aktuellen Neuerscheinungen aufnehmen. Shimano etwa setzt bei neuen Modellen auf einen sehr langsamen Spulenhub (Infinity Loop), bekannt aus dem Karpfen- und Brandungsbereich. Dieser sorgt für eine saubere Schnurverlegung, ohne dass die Schnur im Drill einschneidet.
Daiwa hat hingegen den besonders leichten Airdrive-Rotor entwickelt, der einen geringeren Anlaufwiderstand ermöglicht. In der Praxis fällt dieser Effekt bei den ohnehin sehr leichten Premiummodellen eher gering aus. Deutlich spürbarer ist dagegen der Effekt von Sensi Tune (ST). Anfangs war diese Variante nur bei der Exist als kostenpflichtiges Tuning möglich. Der Clou: ST-Rollen sind nicht mit MagSealed ausgestattet und laufen dadurch erheblich leichter. Technisch ist das nichts grundlegend Neues, aber Daiwa hat dem Prinzip einen neuen Namen gegeben. Auch ältere Modelle wie die 17er Steez oder die 21er Presso sind nicht MagSealed, damals allerdings noch ohne das ST-Label.
Was ist MagSealed?
MagSealed ist eine von Daiwa entwickelte Technologie, bei der magnetisches Öl (Ferrofluid) in Kombination mit Magnetfeldern verwendet wird, um die Lager und den Getriebebereich der Rolle gegen das Eindringen von Wasser, Schmutz und Staub zu schützen. Ziel ist es, die Lebensdauer und Laufruhe der Rolle langfristig zu erhöhen, indem empfindliche Bereiche hermetisch abgedichtet werden – und das ganz ohne mechanische Dichtungen, die Reibung erzeugen oder verschleißen könnten.
Die Technik funktioniert über ein Magnetfeld, das das spezielle Öl dauerhaft an Ort und Stelle hält. Dieses Öl bildet eine nahezu reibungsfreie Barriere zwischen Innenleben und Außeneinwirkung. Besonders in salzwasserlastigen oder stark verschmutzten Umgebungen kann MagSealed einen echten Vorteil bieten, da Korrosion und Abrieb reduziert werden.
Allerdings bringt MagSealed auch Nachteile mit sich: Rollen mit dieser Technologie laufen im Vergleich zu Modellen ohne MagSealed oft etwas schwergängiger. Für UL-Angler, die besonders viel Wert auf Leichtlauf legen, ist das ein entscheidender Punkt. Deshalb verzichten viele High-End-Modelle – oder speziell getunte Varianten wie die bereits erwähnten ST-Modelle – bewusst auf MagSealed, um ein möglichst freies, direktes Laufgefühl zu ermöglichen.
Daiwa
Daiwa Steez
Die seit 2017 erhältliche Daiwa Steez basiert auf der 2015er Exist und wurde ursprünglich fürs Schwarzbarschangeln entwickelt. Neu ist sie kaum noch zu bekommen, was die hohen Gebrauchtpreise erklärt. Es gibt zwei Größenvarianten (Type I und Type II) mit jeweils zwei Übersetzungen (4,8:1 und 5,6:1). Die Type I entspricht etwa einer 2000er Größe und ist besonders beliebt – vor allem in der langsamen Variante mit 4,8:1, kombiniert mit der 45 mm Kurbel. Durch den Verzicht auf MagSealed-Komponenten läuft sie besonders leichtgängig.
Daiwa Presso 2021
Das günstigste Modell in dieser Übersicht ist die 21er Daiwa Presso. Ob sie zur Oberklasse zählt, ist Ansichtssache – erwähnt werden sollte sie in jedem Fall. Technisch basiert sie auf der 20er Luvias, die zunächst noch im japanischen Werk produziert wurde. Mit der Einführung der Presso wurde die Luvias-Produktion nach China verlagert. Die Presso fällt durch ihr eigenständiges Farbschema auf und passt gut zu hochwertigen Forellenruten. Sie bietet etwas mehr Kugellager, eine niedrigere Übersetzung von 4,9:1 und ist ebenfalls nicht MagSealed.
Frühjahr 2025 bringt neue Konkurrenz aus dem eigenen Haus: die Luvias ST, erhältlich als LT- (Light & Tough) und SF- (Super Finesse) Variante. Die LT-Version nutzt den 1000er Rollenkörper für beide Größen (1000 und 2000), während die SF einen deutlich kleineren Körper besitzt. Das spart Gewicht, reduziert aber auch den Spulenhub – was sich auf die Wurfweite auswirken kann.
Daiwa Certate FC 2000 – P
Die Certate ist eine Rolle, die man eher selten am Forellensee sieht. Der Fokus wurde hier vor allem auf Robustheit und Langlebigkeit gelegt. Ihre Stärken hat sie daher bei Ködern, die einen etwas größeren Einholdruck haben und bei Anglern, die häufiger in Brackwasserforellenseen in Küstennähe angeln.
Exist und Airity-Reihe
Das aktuelle Topmodell von Daiwa ist die 22er Exist. Sie enthält sämtliche Technologien, die Daiwa zu bieten hat – entsprechend hoch ist auch der Preis. Ab Werk ist sie mit MagSealed ausgestattet, lässt sich aber gegen Aufpreis in eine ST-Version umbauen oder von einem Rollentuner entsprechend modifizieren.
Neben der Exist gibt es die Luvias Airity, die 23er Airity und die 24er Airity ST. Alle basieren auf der 2018er Exist und sind ihr technisch sehr nah. Die 23er Airity unterscheidet sich vor allem durch den Airdrive-Rotor, während die 24er Airity ST zusätzlich mit Sensi Tune ausgestattet ist und damit ab Werk sehr leicht läuft. Die 21er Airity basiert hingegen auf der älteren Luvias und ist daher technisch eine Klasse darunter. Wer eine 21’er Airity besitzt sollte den Umbau auf “MagFree” in Erwägung ziehen um einen spürbar leichteren Lauf zu erreichen.
Shimano
Shimano unterscheidet bei Spinnrollen grundsätzlich zwischen zwei Klassen: den Coresolid-Modellen (wie Stella FK und Twin Power FE) für maximale Robustheit, und den besonders leichten Magnumlite-Modellen (wie der Vanquish FC).
Vanquish FC
Die Vanquish FC ist das Flaggschiff der Magnumlite-Serie. Besonders interessant sind hier die Varianten 1000SSPG und C2000S. Erstere bietet eine besonders niedrige Übersetzung und kombiniert mit dem leichten Gehäuse einen der leichtgängigsten Rollen im Test. Ideal für Gummiköder oder extrem langsame Führungen. Die C2000S dagegen eignet sich hervorragend für Hardbaits. Technologisch steckt in der Vanquish fast alles, was auch in der Stella zu finden ist – bei einem deutlich attraktiveren Preis.
Stella FK
Die Stella FK ist Shimanos Spitzenmodell unter den Coresolid-Rollen. Sie vereint sämtliche Innovationen der letzten Jahre in einem Gehäuse. Mit rund 170 g gehört sie zu den schwereren Rollen in dieser Übersicht. Der Fokus lag klar auf Stabilität, nicht auf Leichtbau. Wer sich für eine Stella entscheidet, sollte einen Blick auf die japanischen Modelle werfen. Dort gibt es z. B. die 1000SSPG oder die C2000S – Varianten, die für den deutschen Markt nicht vorgesehen sind. Die hier erhältliche 1000er Stella hat eine Übersetzung von 5,1:1 und eine Standardspule.
Twin Power FE
Wer den Komfort einer Stella möchte, aber nicht den vollen Preis zahlen will, findet mit der Twin Power FE eine spannende Alternative. Die C2000S-Variante enthält nahezu alle Technologien der Stella und Vanquish. Im Blindtest ist der Unterschied zur Stella kaum spürbar. Zwar hat sie etwas weniger Kugellager, ein anderes Getriebe eine leicht abweichende Legierung beim Gehäuse, doch in der Praxis fällt das kaum ins Gewicht.
Fazit
Die Oberklasse der UL-Rollen ist technologisch beeindruckend, qualitativ hochwertig und lässt kaum Wünsche offen – egal ob man sich für Daiwa oder Shimano entscheidet. Beide Hersteller verfolgen unterschiedliche Ansätze: Daiwa punktet mit Innovationen wie dem Sensi Tune oder dem Airdrive-Rotor, während Shimano mit klarer Segmentierung und durchdachten Modellreihen überzeugt.
Wer maximale Laufruhe sucht, findet sie bei Daiwa bei den nicht MagSealed-Modellen oder ST-Versionen. Wer Robustheit will, greift zur Stella, Certate oder Twin Power. Für Leichtbau-Enthusiasten sind Vanquish, Presso oder die Airity ST die erste Wahl.
Am Ende entscheiden der persönliche Geschmack, das bevorzugte Einsatzgebiet – und natürlich das Budget. Wer sich erst einmal entschieden hat, wird an seiner neuen High-End-Rolle über viele Jahre hinweg Freude haben.
Das Thema Rollen ist doch ein sehr umfangreiches hier im Blog geworden. Schau dich gerne einmal auf der Übersichtsseite um.
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